Sternbild Rabe (Corvus)

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Allgemeines

Der Rabe (lateinisch: Corvus) ist ein kleines Sternbild südlich des Himmelsäquators. Es liegt zwischen den SternbilderKonstellationen aus mehreren auffällig angeordneten Sternen am irdischen Himmel, die von Beobachtern mit einem bestimmten Namen belegt wurden, um sie leicht merken zu können. Praktisch alle Kulturkreise der Welt haben so Ordnung in die verwirrende Vielfalt an scheinbar zufällig verteilten, unterschiedlich  hellen Sternen gebracht. Als Namensgeber fungierten Figuren aus der Mythologie, Tiere oder Gegenstände aus dem gewohnten Umfeld. Für die moderne Astronomie spielen Sternbilder keine Rolle. Doch für die Amateurastronomen oder für erste Orientierungsversuche am Nachthimmel haben sie einen hohen Wert. Die meisten der heute insgesamt 88 offiziell anerkannten Sternbilder wurden aus der griechischen Mythologie übernommen.n Jungfrau (Virgo), Wasserschlange (Hydra) und Becher (Crater). Für Beobachter auf der nördlichen Erdhalbkugel steht der Rabe in den Monaten März bis Mai günstig am Abendhimmel. Die Kulmination um Mitternacht erfolgt Ende März. Trotz seiner geringen Größe und relativ lichtschwachen Sterne ist der Rabe leicht aufzufinden: Zum einen liegt das Sternbild nur wenige Grad südwestlich des hellen Sterns Spica in der Jungfrau. Zum anderen bilden vier Sterne ein konvexes Viereck. Diese markante Struktur wird aus Gamma, Beta, Delta und Epsilon Corvi gebildet, die mit Helligkeiten zwischen 2,58 und 2,98 mag die hellsten Sterne dieser Konstellation sind. Der Stern Alpha ist mit 4,01 mag eine Magnitude lichtschwächer. Damit ist der Rabe einer der Fälle, in denen der Buchstabe Alpha (α) nicht den hellsten Stern im Sternbild markiert. In einer recht unauffälligen Gegend des Himmels gelegen, enthält der Rabe keine Messierobjekte. Doch finden wir hier die beiden Galaxien NGC 4038 und 4039, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Wegen der beiden langen, gebogenen Filamente, die von ihnen ausgehen, ist dieses Doppelobjekt als Antennengalaxien bekannt.

31 Crt – ein Stern unter falscher Flagge

Nur 50 Bogenminuten südlich der Antennengalaxien befindet sich ein 5,3 mag heller Stern, der zum Sternbild Rabe gehört, aber die Flamsteed-Bezeichnung 31 Crateris (31 Crt) trägt. Der britische Astronom John Flamsteed (1646 – 1719) hatte die mit bloßen Augen sichtbaren Sterne innerhalb eines jeden Sternbilds aufsteigend nach ihrer Rektaszension durchnummeriert. Durch die Neuordnung der Sternbildgrenzen in den 1920er Jahren liegt dieser Stern nun innerhalb des Sternbilds Rabe. Der Stern mit der Flamsteed-Nummer 1 im Raben ist Alpha Corvi (α Crv).
foto sternbild rabe corvus foto sternbild rabe corvus annotated
foto sternbild rabe corvus annotated

Die vier hellsten Sterne im Sternbild Rabe bilden ein konvexes Viereck, das sich leicht am Himmel auffinden lässt. (Bilder: Uwe Reichert)

foto sternbild rabe corvus

Besondere Himmelsobjekte

Hinweis: Dieser Abschnitt ist in Bearbeitung.


Ursprung des Sternbilds Rabe

Der Rabe gehört wie der benachbarte Becher und die Wasserschlange zu den Sternbildern, die bereits in der griechischen Antike bekannt waren. Alle drei Figuren sind sogar durch einen gemeinsamen Mythos verknüpft.

Der Rabe in den griechischen Mythen

Der Rabe war der heilige Vogel des Gottes Apollon. Als dieser seinem Vater Zeus ein Opfer bringen wollte, schickte er den Raben aus, um frisches Wasser von einer Quelle für die heilige Handlung zu holen, und er trug ihm auf, sich zu beeilen. Der Rabe nahm einen vergoldeten Krug in seine Krallen und flog davon. Unterwegs erspähte er einen Feigenbaum, dessen Früchte allerdings noch grün waren. Weil der gierige Vogel dennoch nicht auf den Genuss verzichten wollte, setzte er sich auf einen Ast und wartete einige Tage, bis die Feigen gereift waren.

Erst nachdem der Rabe sich vollgefressen hatte, erinnerte er sich wieder an seinen Auftrag. Nach einer Entschuldigung suchend ergriff er mit seinen Klauen eine lange Wasserschlange, flog damit zu seinem Herrn zurück und erklärte dreist, er habe nicht eher zurückkommen können, weil das Reptil den Zugang zur Quelle versperrt habe. Apollon indes erkannte die Lüge und bestrafte den Raben, indem er ihm die Fähigkeit nahm, während der Zeit der Feigenreife etwas zu trinken. Als bleibende Warnung versetzte er ihn mitsamt dem Becher und der Wasserschlange für alle sichtbar unter die Gestirne, wo er seitdem vergebens versucht, an den gefüllten Krug heranzukommen. Auf seinen Durst sei es zurückzuführen, so sagt man, dass der Rabe heiser krächze.

Nach einer anderen Erzählung, die ebenfalls auf eine negative Eigenschaft des Raben anspielt, hatte dieser Vogel einst weißes Gefieder wie eine Taube. Als Koronis, die Geliebte Apollons, von ihm schwanger war und dennoch fremdging, überbrachte der klatschsüchtige Rabe seinem Herrn die skandalöse Nachricht. Aus Zorn tötete Apollon Koronis und ihren Liebhaber. Doch schnell reute ihn die Tat, und es gelang ihm, den noch ungeborenen Sohn zu retten. Den Vogel aber, der Apollon so in Wallung gebracht hatte, ließ er für immer schwarz werden.

rabe becher bode atlas

Johann Elert Bode (1747 – 1826) illustrierte das Sternbild Rabe in seiner 1782 erschienenen „Vorstellung der Gestirne auf XXXIV Kupfertafeln nach der Pariser Ausgabe des Flamsteedschen Himmelsatlas“. (Aus: J. E. Bode’s Sternatlas. Nachdruck der Originalausgabe von 1782 auf Veranlassung von Dr. Hans Vehrenberg, Treugesell-Verlag/Sterne und Weltraum)

hydra keilschrifttafel rekonstruktion

Auf zwei Fragmenten einer Keilschrifttafel ist die Wasserschlange als Mischwesen abgebildet. Auf ihr steht der Löwe, während der Rabe an ihrem Schwanz pickt. Ganz rechts ist die Jungfrau mit dem Ährensymbol abgebildet. Die Planeten Jupiter und Merkur sind als achtzackige Sterne gezeichnet.. (Bild: Umzeichnungen der Keilschrifttafeln mit dem Sigel AO 6448 und dem Sigel VAT 7847)

Ein sumerischer Mythos als Vorläufer?

Der griechische Mythos wirkt etwas konstruiert. Das ist auch verständlich, denn die Griechen versuchten damit, einem bereits im vorderasiatischen Raum bestehenden Sternbild eine eigene Prägung zu geben. Wie unter dem Sternbild Wasserschlange erläutert, kannten bereits die Sumerer ein Sternbild Rabe, das sie MUL.UGA.MUSHEN nannten. Es war direkt mit der Wasserschlange verknüpft. In einer Ritzzeichnung auf einer Keilschrifttafel, die wohl im 3. Jahrhundert v. Chr. beschrieben wurde, sieht man den Raben, wie er frech am Schwanz der Wasserschlange pickt. Der astronomische Hintergrund dafür ist unklar. Von dem Raben weiß man lediglich, was der sumerische Mythos von Inanna und Schukalletuda erzählt. Demnach beauftragte der Gott Enki den Raben, verschiedene landwirtschaftliche Aufgaben zu erledigen. Dabei spielte auch ein Gefäß aus Lapislazuli eine Rolle, in dem sich eine Mischung aus Öl und Wasser befand. Was genau geschah, wird im fragmentarisch überlieferten Mythos nicht deutlich. Aber am Ende half der Rabe wohl, einen Obst- und Gemüsegarten anzulegen, den er mit einem Schaduf bewässerte, und in dem die ersten Dattelpalmen wuchsen. Der Schaduf ist ein im orientalischen Raum traditionelles Wasserschöpfgerät, das vermutlich in der Gegend des fruchtbaren Halbmonds entwickelt wurde. Und der Anbau von Dattelpalmen bildete im alten Mesopotamien neben dem Getreideanbau eine der beiden Säulen der Landwirtschaft.

Quellen:

  • Werner Papke: Die Sterne von Babylon. Bergisch Gladbach 1989
  • Eckhard Slawik und Uwe Reichert: Atlas der Sternbilder. Heidelberg, Berlin 1998
  • Lorenzo Verdame: „Io sostituisco i cereali!“ Origine e primato della palma nelle culture dell’antica Mesopotamia. („Ich ersetze Getreide!“ Ursprung und Vorrang der
  • Palme in den Kulturen des alten Mesopotamien.) In: Ocula 21, S. 11–36 (2020). DOI: 10.12977/ocula2020-26
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