Allgemeines
31 Crt – ein Stern unter falscher Flagge
Nur 50 Bogenminuten südlich der Antennengalaxien befindet sich ein 5,3 mag heller Stern, der zum Sternbild Rabe gehört, aber die Flamsteed-Bezeichnung 31 Crateris (31 Crt) trägt. Der britische Astronom John Flamsteed (1646 – 1719) hatte die mit bloßen Augen sichtbaren Sterne innerhalb eines jeden Sternbilds aufsteigend nach ihrer Rektaszension durchnummeriert. Durch die Neuordnung der Sternbildgrenzen in den 1920er Jahren liegt dieser Stern nun innerhalb des Sternbilds Rabe. Der Stern mit der Flamsteed-Nummer 1 im Raben ist Alpha Corvi (α Crv).Besondere Himmelsobjekte
Hinweis: Dieser Abschnitt ist in Bearbeitung.
Ursprung des Sternbilds Rabe
Der Rabe gehört wie der benachbarte Becher und die Wasserschlange zu den Sternbildern, die bereits in der griechischen Antike bekannt waren. Alle drei Figuren sind sogar durch einen gemeinsamen Mythos verknüpft.
Der Rabe in den griechischen Mythen
Der Rabe war der heilige Vogel des Gottes Apollon. Als dieser seinem Vater Zeus ein Opfer bringen wollte, schickte er den Raben aus, um frisches Wasser von einer Quelle für die heilige Handlung zu holen, und er trug ihm auf, sich zu beeilen. Der Rabe nahm einen vergoldeten Krug in seine Krallen und flog davon. Unterwegs erspähte er einen Feigenbaum, dessen Früchte allerdings noch grün waren. Weil der gierige Vogel dennoch nicht auf den Genuss verzichten wollte, setzte er sich auf einen Ast und wartete einige Tage, bis die Feigen gereift waren.
Erst nachdem der Rabe sich vollgefressen hatte, erinnerte er sich wieder an seinen Auftrag. Nach einer Entschuldigung suchend ergriff er mit seinen Klauen eine lange Wasserschlange, flog damit zu seinem Herrn zurück und erklärte dreist, er habe nicht eher zurückkommen können, weil das Reptil den Zugang zur Quelle versperrt habe. Apollon indes erkannte die Lüge und bestrafte den Raben, indem er ihm die Fähigkeit nahm, während der Zeit der Feigenreife etwas zu trinken. Als bleibende Warnung versetzte er ihn mitsamt dem Becher und der Wasserschlange für alle sichtbar unter die Gestirne, wo er seitdem vergebens versucht, an den gefüllten Krug heranzukommen. Auf seinen Durst sei es zurückzuführen, so sagt man, dass der Rabe heiser krächze.
Nach einer anderen Erzählung, die ebenfalls auf eine negative Eigenschaft des Raben anspielt, hatte dieser Vogel einst weißes Gefieder wie eine Taube. Als Koronis, die Geliebte Apollons, von ihm schwanger war und dennoch fremdging, überbrachte der klatschsüchtige Rabe seinem Herrn die skandalöse Nachricht. Aus Zorn tötete Apollon Koronis und ihren Liebhaber. Doch schnell reute ihn die Tat, und es gelang ihm, den noch ungeborenen Sohn zu retten. Den Vogel aber, der Apollon so in Wallung gebracht hatte, ließ er für immer schwarz werden.
Auf zwei Fragmenten einer Keilschrifttafel ist die Wasserschlange als Mischwesen abgebildet. Auf ihr steht der Löwe, während der Rabe an ihrem Schwanz pickt. Ganz rechts ist die Jungfrau mit dem Ährensymbol abgebildet. Die Planeten Jupiter und Merkur sind als achtzackige Sterne gezeichnet.. (Bild: Umzeichnungen der Keilschrifttafeln mit dem Sigel AO 6448 und dem Sigel VAT 7847)
Ein sumerischer Mythos als Vorläufer?
Der griechische Mythos wirkt etwas konstruiert. Das ist auch verständlich, denn die Griechen versuchten damit, einem bereits im vorderasiatischen Raum bestehenden Sternbild eine eigene Prägung zu geben. Wie unter dem Sternbild Wasserschlange erläutert, kannten bereits die Sumerer ein Sternbild Rabe, das sie MUL.UGA.MUSHEN nannten. Es war direkt mit der Wasserschlange verknüpft. In einer Ritzzeichnung auf einer Keilschrifttafel, die wohl im 3. Jahrhundert v. Chr. beschrieben wurde, sieht man den Raben, wie er frech am Schwanz der Wasserschlange pickt. Der astronomische Hintergrund dafür ist unklar. Von dem Raben weiß man lediglich, was der sumerische Mythos von Inanna und Schukalletuda erzählt. Demnach beauftragte der Gott Enki den Raben, verschiedene landwirtschaftliche Aufgaben zu erledigen. Dabei spielte auch ein Gefäß aus Lapislazuli eine Rolle, in dem sich eine Mischung aus Öl und Wasser befand. Was genau geschah, wird im fragmentarisch überlieferten Mythos nicht deutlich. Aber am Ende half der Rabe wohl, einen Obst- und Gemüsegarten anzulegen, den er mit einem Schaduf bewässerte, und in dem die ersten Dattelpalmen wuchsen. Der Schaduf ist ein im orientalischen Raum traditionelles Wasserschöpfgerät, das vermutlich in der Gegend des fruchtbaren Halbmonds entwickelt wurde. Und der Anbau von Dattelpalmen bildete im alten Mesopotamien neben dem Getreideanbau eine der beiden Säulen der Landwirtschaft.Quellen:
- Werner Papke: Die Sterne von Babylon. Bergisch Gladbach 1989
- Eckhard Slawik und Uwe Reichert: Atlas der Sternbilder. Heidelberg, Berlin 1998
- Lorenzo Verdame: „Io sostituisco i cereali!“ Origine e primato della palma nelle culture dell’antica Mesopotamia. („Ich ersetze Getreide!“ Ursprung und Vorrang der
- Palme in den Kulturen des alten Mesopotamien.) In: Ocula 21, S. 11–36 (2020). DOI: 10.12977/ocula2020-26