Allgemeines
Wegweiser zum südlichen Himmelspol
Der nördlichste dieser vier Sterne ist Gamma Crucis. Die Verbindungslinie zwischen ihm und Alpha Crucis weist in ihrer Verlängerung (um das Fünffache) recht genau zum Himmelssüdpol. Da sich in dessen Nähe kein heller Stern befindet, eignet sich das Kreuz des Südens somit sehr gut zur Bestimmung der Südrichtung. Für die europäischen Seefahrer, die sich erstmals in die Weiten der südlichen Ozeane wagten, war dies ein unschätzbarer Vorteil. Diesem Umstand ist es auch zu verdanken, dass das Kreuz des Südens eines der bekanntesten Sternbilder ist. Im Westen, im Norden und im Osten ist das Sternbild Kreuz des Südens vom viel größeren Sternbild Kentaur umschlossen, das ebenfalls durch zahlreiche helle Sterne sehr auffällig ist. In der griechischen Antike war das Kreuz des Südens sogar Bestandteil des Kentauren und stellte dessen Hinterbeine dar. Im Süden grenzt das Kreuz des Südens an das Sternbild Fliege (Musca). Einige interessante Beobachtungsobjekte befinden sich im Kreuz des Südens. Am bekanntesten ist der offene SternhaufenEine Ansammlung von Sternen, die physisch zusammengehören. Ein offener Sternhaufen ist eine relativ lockere Ansammlung von Sternen, die gemeinsam aus einer Gaswolke entstanden sind. Sie sind mit einigen Millionen Jahren relativ jung und insbesondere in der Ebene des Milchstraßensystems anzutreffen. Kugelsternhaufen sind regelmäßig geformt und enthalten einige Tausend bis einige Millionen alte Sterne. NGC 4755, der wegen seiner farbenprächtigen Sterne von dem Astronomen John Herschel „jewel box“ genannt wurde. Dieses Schmuckkästchen, wie sein deutscher Name lautet, enthüllt seine Schönheit bereits im Fernglas, besser jedoch in einem Teleskop mit niedriger Vergrößerung. Bereits mit bloßen Augen ist eine auffällige Dunkelwolke sichtbar, die sich südlich von Beta Crucis und östlich von Alpha Crucis vor dem hellen Hintergrund der zahlreichen Milchstraßensterne abzeichnet. Sie trägt den treffenden Namen Kohlensack.Das Sternbild Kreuz des Südens ist das kleinste aller Sternbilder, aber dank seiner hellen Sterne eines der prägnantesten. (Bilder: Uwe Reichert)
Besondere Himmelsobjekte
Hinweis: Dieser Abschnitt ist in Bearbeitung.
Ursprung des Sternbilds Kreuz des Südens
Die Sternbilder Centaurus und Crux in der Darstellung von Johannes Hevelius (1611-1687). Hevelius stellte die Sternbilder in seinem Atlas spiegelverkehrt dar – so, als würde man die Himmelskugel von außen betrachten. (Aus: Johannes Hevelius, Sternenatlas, russische Ausgabe, Taschkent 1978. Repro: Uwe Reichert)
- 31: Der auf der Kniekehle des rechten (Hinter-) Fußes [= Gamma Crucis]
- 32: Der auf dem Knöchel desselben Fußes [= Beta Crucis]
- 33: Der unter der Kniekehle des linken (Hinter-) Fußes [= Delta Crucis]
- 34: Der an der Höhlung (zwischen Fesselgelenk und Huf) desselben Fußes [= Alpha Crucis]
Das Kreuz des Südens wird „neu“ entdeckt
Um das Jahr 1000 herum war das Kreuz des Südens vom Mittelmeerraum aus vollständig unter dem HorizontAllgemein die Grenzlinie zwischen Himmel und Erde. (1) Der scheinbare Horizont (auch mathematischer oder astronomischer Horizont genannt) ist die Schnittlinie der durch die Augen des Beobachters gelegten waagrechten Ebene mit der Himmelssphäre. Im Horizontsystem des Beobachters teilt der Horizont als Großkreis die Himmelssphäre in eine obere und eine untere Hälfte, deren oberer Pol der Zenit und deren unterer Pol der Nadir ist. (2) Der wahre Horizont (auch geozentrischer Horizont genannt) verläuft parallel zum scheinbaren Horizont, aber durch den Erdmittelpunkt. (3) Der natürliche Horizont (auch Landschaftshorizont genannt) ist die durch Berge, Bäume und Gebäude veränderte Grenzlinie zwischen Himmel und Erde. (4) Ein künstlicher Horizont ist in der Instrumententechnik ein Gerät oder Hilfsmittel, mit dem eine Horizontalebene (also eine zur Lotrichtung senkrechte Ebene) realisiert werden kann, wie etwa in der Luftfahrt zur Bestimmung der Raumlage oder in der Astronomie zur Justage von Messgeräten (mittels einer spiegelnden Quecksilberoberfläche). verschwunden. Die europäischen Seefahrer, die in der beginnenden Neuzeit die Südmeere erkundeten, entdeckten diese Sternengruppe sozusagen neu; sie sahen in ihr ein Symbol ihres christlichen Glaubens. Das Kreuz diente ihnen zudem zur Orientierung in den unbekannten Gewässern, denn die Verbindungslinie von Gamma nach Alpha Crucis weist in ihrer Verlängerung recht genau zum Himmelssüdpol. Die älteste erhaltene Darstellung des Kreuzes von europäischen Seefahrern stammt von Andrea Corsali (1487 – nach 1524), einem Italiener, der im Jahr 1515 auf einem portugiesischen Schiff um das Kap der Guten Hoffnung herum nach Indien reiste. Einem seiner Briefe an die Medici, seine Geldgeber in Italien, fügte er eine Skizze des Kreuzes mit seinen fünf hellsten Sternen bei, wie Anne McCormick 2019 in ihrem Essay „Andrea Corsali and the Southern Cross berichtete (Download als PDF). In dieser Zeichnung sind auch die Magellanschen Wolken abgebildet. Die älteste Erwähnung als Kreuz stammt indes von dem Seefahrer Amerigo Vespucci (1451 – 1512) aus dem Jahr 1501. Niederländische Künstler hielten diese „Entdeckung“ in einem um 1591 entstandenen Kupferstich fest. Darin zitieren sie auch Verse des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265 – 1321), der offenbar Kenntnis vom Kreuz des Südens hatte. In seiner „Commedia“ (deutsch: Göttliche Komödie), im 1. Gesang des zweiten Teils (dem Läuterungsberg bzw. Fegefeuer), lässt Dante den Ich-Erzähler seines Werks zunächst am Morgenhimmel den Glanz der Venus bestaunen, die im Sternbild Fische steht. In den folgenden Versen 22 bis 27 heißt es in der italienischen Version bzw. in einer deutschen Übersetzung (vom Autor dieses Artikels), die das von Dante geprägte Reimschema beibehält:I’ mi volsi a man destra, e puosi mente
a l’altro polo, e vidi quattro stelle
non viste mai fuor ch’a la prima gente.
Goder pareva ’l ciel di lor fiammelle:
oh settentrïonal vedovo sito,
poi che privato se’ di mirar quelle!
Ich wandte mich nach rechts, richtete den Sinn
zum anderen Pol, wo ich sah vier Sterne,
die kein Mensch mehr erblickt hat seit Anbeginn.
Es schien, der Himmel sah ihr Glänzen gerne
Oh Land im Norden, so öde bist du jetzt,
denn sie sind dir entrückt in weite Ferne.
Amerigo Vespucci entdeckt das Kreuz des Südens. Kupferstich von Philipp Galle (1537 – 1612) nach einer Vorlage von Jan van der Straet und Jan Collaert, Antwerpen um 1591. (Bild: Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, mit freundlicher Genehmigung)